Dünne Luft und ein schwerer Geruch nach verbranntem Benzin, La Paz ist eine Stadt für Menschen, die dichten Verkehr und Hektik mögen. Da wir den Nachtbus genommen haben, kommen wir um 05.20 Uhr morgens an. Das Busunternehmen war erstklassig und organisiert uns sogar ein Taxi in die Stadt. Es sind leider noch 10 Stunden bis wir einchecken können und da wir unser ganzes Gepäck dabei haben und todmüde sind, lassen wir uns erstmal in einem Cafe absetzen.
Es ist absolut nicht leicht etwas zu finden, aber unser Taxi Fahrer findet ein Café/eine Bar, die NOCH geöffnet hat. Wir merken anfangs gar nicht, dass eine Mitarbeiterin nicht aufbaut, sondern abbaut. Eine betrunkene Partymaus ist noch da und stolpert durch den Raum. Wir werden mit einem unsicheren aber freundlichen Lächeln begrüßt. Dass wir schon nach einer halben Stunde mit der Rechnung rausgeschmissen werden stört uns nicht – der erste Kaffee hat gut getan. Wir machen uns zu Fuß auf in Richtung neues Apartment, während La Paz langsam wach wird und die Sonne aufgeht. Im nächsten Kaffee, das wir gegen 06.30 Uhr ansteuern und um 07.00 Uhr aufmacht, wird gefrühstückt. Wir konnten Dank freundlicher Nachfrage bei der Vermieterin des Apartments, die Check-In Zeit nach vorne ziehen, haben aber leider immer noch 4 Stunden Zeit bis wir in unser Apartment können. La Paz liegt auf 3640 Höhenmeter – 600 Meter höher als die Zugspitze – und ist ähnlich wie Stuttgart, wie ein Kessel geformt. Es geht also immer bergauf oder bergab. Die dünne Luft macht jeden Schritt mühsam und führt zu Kurzatmigkeit, deshalb ist es keine Option die Stadt mit unserem gesamten Gepäck zu erkunden. Aus Mangel an Alternativen und von Müdigkeit getrieben, machen wir es uns an der Plaza Abaroa, einem kleinen Park mit eingezäunten Wiesen, Parkbänken und einem Kriegsdenkmal, gemütlich. Nina döst im Sitzen während sie den Hunden beim Spielen zu guckt und ich mach mich auf der Bank lang. Der Himmel ist zum Glück strahlend blau und die Temperatur ist perfekt für ein Nickerchen.


Nachdem wir die Rücksäcke im Apartment abgegeben haben, gehen wir zu Fuß auf Erkundungstour. Spazieren in La Paz ist deutlich anstrengender als Wandern im Torres del Paine. Dennoch erklimmen wir den Aussichtspunkt Montículo, der einen steilen aber kurzen Marsch von unserem Apartment entfernt ist. Der Blick über die Stadt und den Kesselrand von La Paz ist traumhaft. Die Häuser ziehen sich auf den Hängen, die den Stadtkern umgeben, wie eine Siedlungslavine zwischen den großen Felsen in die Stadt. Die Häuser in der Ferne sehen aus wie einzelne chaotisch angeordnete Ziegelsteine, die auf ihrer kleinsten Fläche aufgestellt, die Hänge bedecken.
Hier oben schießt eine bolivianische Hochzeitsgesellschaft gerade Fotos. Teenies lassen selbstgebaute Drachen aus Holzstäben, Tesafilm und Plastikfolie steigen. Oder zumindest versuchen sie es – fliegen sehen wir keinen einzigen davon.




Genug gesehen. Wir machen uns wieder auf den Weg Richtung Apartment, um endlich einzuchecken und etwas Schlaf nachzuholen.
Das Apartment
Das Apartment besteht aus einer Wohnküche, einem Bad und einem Schlafzimmer. Das Schlafzimmer hat bodentiefe Fenster mit Blick über die Stadt. Die Wohnküche besteht aus einer Küche und einer Art Wintergarten, der wie ein gläserner Vorsprung aus dem Gebäude herausragt. Die Aussicht ist toll und bietet einen Blick auf den Kraterrand der Stadt und auf den schneebedeckten Gipfel des 6439 Meter hohen Illimani. Darunter schlängeln sich lehmbraune Siedlungen die Hänge in unsere Richtung herab. Hier halten wir es ein paar Tage aus. Aufgrund der Müdigkeit und weil es einfach zu gemütlich ist, machen wir nicht mehr viel und kochen uns Abends zum ersten Mal seit langem etwas zu Essen.


Birthday Vibes
Überall in Südamerika gibt es kleine Sportparks. Man muss nur danach suchen. So auch am Plaza España in der Nähe unserer Wohnung, so startet deshalb mein Geburtstag mit einem Training.
Nina besorgt in der Zeit heimlich einen Käsekuchen. Zufälligerweise gibt es mitten in La Paz eine Deutsche Konditorei namens Kuchenstube, die einen hervorragenden Käsekuchen machen. Nach dem Training hat Nina Frühstück vorbereitet, inklusive Kuchen :). Beim Frühstück telefoniere ich mit meiner Familie, die sich fast vollständig bei meinen Eltern versammelt haben :). Danke nochmal an Euch das war echt ein Highlight <3! Der Nachmittag des Tages soll eine Überraschung für mich bleiben.
Vorher haben wir aber noch eine andere Aufgabe vor uns. Von La Paz aus soll es am nächsten Tag nach Rurrenabaque gehen. Ein kleiner Ort im Dschungel. Online lässt sich nicht herausfinden wie wir hinkommen. Es gibt nur eine kleine Fluggesellschaft, die mit kleinen Propellermaschinen an drei Tagen in der Woche hoch fliegt oder Busse, die hinfahren. Laut den Erfahrungsberichten die wir im Internet finden, ist die Busfahrt ein Albtraum und einige stehen die 425 km nicht durch und steigen unterwegs aus. Die Bustickets lassen sich nur besorgen indem man zu den Büros im Norden von La Paz fährt und sie persönlich kauft, online lässt sich da nichts machen, zumindest schreibt niemand auf Nachfrage zurück.
Zum Glück ist La Paz mit einem Netz aus hoch modernen sogenannten Cable-Cars ausgestattet, die die Stadt grob abdeckt. Ein Gondelpass ist am Schalter mit wenig Aufwand und Geld besorgt.



Wie sicher der Kilometer zu Fuß von der Cable Car Station am Plaza Gualberto bis zum Bus-Office ist, wissen wir nicht. Die Gegend hier ist wenig touristisch und die Straßen sind voll mit kleinen Verkaufsständen, die aus einem Tisch und einem Sonnenschirm oder Pavillon bestehen. Verkauft wird alles von Bananen, frittierten Empanadas, bis Besteck und Plastikschüsseln. Wir halten ein waches Auge auf unsere Bauchtaschen und arbeiten uns durch das Gemenge und an den Ständen vorbei.
Angekommen am Büro haben wir die Wahl zwischen zwei Anbietern Trans Total Rurrenabaque und Amazonico Tours. Beide von zweifelhaftem Ruf. Wir entscheiden uns für Trans Total.

Am Nachmittag machen wir uns auf den Weg zur “Überraschung” des Tages. Uns holt ein Bus ab. Die Busfahrt wird 1,5 Stunden dauern, obwohl es nur circa 6 Kilometer sind. Der Bus muss sich durch dichten Verkehr und vorbei an Straßensperren kämpfen. Es wird fleißig gehupt, mitten auf Kreuzungen unter der Empörung der umgebenden Autos und Motorrädern gewendet und Einbahnstraßen missachtet. Die Stadt ist voller Menschen in traditioneller Kleidung. Aus einer Seitenstraßen nähert sich uns eine Demonstration und wir schaffen uns nur knapp an der Menschenmenge vorbei, bevor diese den Verkehr völlig zum Stillstand bringt. Sobald wir aus der Stadt heraus sind, geht es nur noch steil bergauf, bis wir am Ziel in El Alto angekommen sind.
Dort geht es in eine Halle, die aussieht wie ein kleines Stadion. In der Mitte steht von Plastikstühlen umringt ein Boxring. Nach einer lauten Ansage, die die Kämper ankündigt und für Stimmung sorgt, wird mir klar was mich erwartet: Eine Wrestling Show – genauer gesagt Wrestling von Frauen in traditioneller, bolivianischer Kleidung. Überraschung ist gelungen. 2 Stunden gucken wir uns an wie Damen sich eher schlecht, als recht gespielt durch die Manege prügeln. Das Publikum, sowie Stühle, ein Stahlfass und von Zuschauern “geliehene” Wasserflaschen, werden miteinbezogen. Unterhaltsam ist es! Wir sind aber froh, dass wir es nicht mit unter die Statisten schaffen.






Die Busfahrt nach Hause läuft deutlich zielstrebiger ab. Abends lassen wir den Tag bei einer Flasche Wein und der Aussicht über das beleuchtete La Paz ausklingen.
Am nächsten Morgen geht es mir schlecht. Das mag an der Flasche Wein vom Vorabend liegen, aber ich befürchte Schlimmeres. Heute steht auschecken und die 13 Stunden Busfahrt nach Rurrenabaque an. In einem Bus ohne Toilette oder Klimaanlage. Wir entscheiden uns erst die Busfahrt zu verschieben und eine Nacht länger in La Paz zu bleiben. Wir müssen aber leider aus dem Apartment auschecken und da die Busfahrt ohnehin nicht angenehm wird, denke ich mir, dann kann ich auch mit flauem Magen im Bus sitzen.
Um 16.00 Uhr sitzen wir im Bus. Der Motor läuft schon und die schlecht gefilterten Diesel-Abgase kriechen zielsicher durch die offenen Fenster, in den Bus. Es sind nur wenige Touristen an Board und der Innenraum wird fleißig mit großen Plastiktüten, Rücksäcken und Fahrgästen beladen. Zwischendurch steigen Verkäufer ein und aus, die Zeitungen mit Horoskopen oder Powerbanks verkaufen.
Als wir losfahren wird durch den Fahrtwind die nach Diesel riechende Luft, durch die etwas bessere Innenstadtluft getauscht. Es geht steil bergauf und der Bus schafft es aufgrund der Neigung und die vielen Kurven nur wenig über 30 km/h. Je weiter wir uns vom Stadtzentrum entfernen, umso einfacher und niedriger werden die Häuser. Am Straßenrand werden Brennholz, Eier und Werkzeug verkauft. Manchmal alles in einem Laden. Nachdem wir die Stadt verlassen haben, bieten sich uns weite Blicke über grüne Berge, die nur von einzelnen Hütten und Serpentinen durchzogen sind.


Als es dunkel wird tun wir es den anderen Fahrgästen gleich und überbrücken die Nacht mit dem Versuch, so viel und gut wie möglich zu schlafen.