Am 03.01.2023 brechen wir morgens wieder früh auf, um den 2. Teil der Wanderung zu den berühmten Las Torres zu machen, die dem Nationalpark ihren Namen geben.
Die Strecke zu den Las Torres hoch und wieder runter, ist an einem Tag zu schaffen. Wir möchten aber auf dem Campingplatz Chileno, der auf der Hälfte der Strecke nach oben ist, übernachten. Dadurch schaffen wir es am nächsten Morgen im dunklen aufzusteigen und die Las Torres bei Sonnenaufgang zu sehen. Vorher einen Platz zum Campen zu reservieren haben wir leider nicht geschafft. Wir haben aber die Erfahrung gemacht, dass wenn man mit allem Equipment bei denen auf der Matte steht, die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass man sein Zelt aufbauen darf und spontanes Campen möglich ist. Also gehen wir das Risiko ein, eventuell das Gepäck umsonst den Berg hoch zu schleppen und anstelle einer Übernachtung den ganzen Kram in doppeltem Tempo wieder den Berg runter zu tragen. Naja no risk no fun.
It begins
Der Tag beginnt vielversprechend. Auf dem Weg zum Busbahnhof hält plötzlich ein Reisbus neben uns, der sich auf dem Weg zum Dienstbeginn befindet. Der Fahrer folgert gekonnt, dass wir das selbe Ziel haben müssen und nimmt uns mit einem Lächeln und freundlichen Hupen, einlandend den Weg mit zur Station, so kann es immer laufen :).
Der Einstieg in den Bus verläuft routiniert und wir schlafen die 2 h Fahrt bis zum Einstiegspunkt fast vollständig durch. An der Station Laguna Amarga, an der wir einige Tage zuvor das Eintrittsticket für den Park erworben haben, müssen wir in einen kleineren Bus mit grober Bereifung umsteigen, der uns die letzen 7,5 km zum Einstiegspunkt für die Wanderung bringt. Der Fahrer, der die Strecke den ganzen Tag lang hin und zurück fährt und den einzigen Transfer von Largo Amarga zum Einstiegspunkt in den Wanderweg darstellt, ist mal wieder ein sportlicher Könner seines Fachs.
Durchdrehende Reifen, Staub und Mathias, der aus dem Fenster staunend über Querbeschleunigung von Reisebussen philosophiert, machen die Fahrt extrem kurzweilig.
Die Wanderung
Angekommen, stiefeln wir los. Das gute Wetter hat eine unglaubliche Anzahl an Mitwanderern zur Folge. So ist der Weg, obwohl an vielen Stellen steil und anspruchsvoll, zum Bersten voll. An engen Passagen müssen wir häufig warten. Entweder auf einen langsamen Wanderer in der Kolonne, ein Pärchen, das gerade Bilder machen möchte oder eine entgegenkommende Wandergruppe.
Am Camp angekommen stellen wir mit Enttäuschung fest, dass unser Plan der Übernachtung nicht aufgehen wird. Im Vergleich zu den Campingplätzen die wir bisher kannten, besteht die Campside Chileno nicht aus einer Wiese auf der es nur eines kleinen unbelegten Fleckchens für uns bedurft hätte, sondern aus Holzplattformen, die mit einer Plattform für jedes Zelt entlang der steilen Campingplatzfläche aufgebaut wurden. Alle sind ausgebucht und es hat auch keine kurzfristigen Absagen gegeben, die für uns einen Platz hätten frei machen können. Wie auch bei dem Wetter :/. Wenigstens dürfen wir den schweren Rucksack mit unserem mitgebrachten Zuhause in einem Raum hinter der Bar deponieren und können den zweiten Teil der Strecke mit leichterem Gepäck hinter uns bringen.
Ein weiterer Nachteil mit dem neuen Plan ist, dass wir jetzt schnell genug auf- und absteigen müssen, um den Bus für die gebuchte Rückfahrt zu erreichen, damit wir nicht wieder vor der Misere stehen, spontan einen Platz in den ausgebuchten Reisebussen zu ergattern.
Bei strahlendem Sonnenschein belohnt uns der Weg und die Anstrengung mit schönen Aussichten und satter grüner Natur. Außerdem sehen wir wie erwartet viele Gesichter der ersten Wandertage wieder. Die Landschaft wechselt sich mit grünem Gestrüpp, dann Wald und zum Schluss einer Felsenlandschaft ab. Zum gluck kreuzen regelmäßig kleine Bachläufe unseren Weg mit trinkbarem Wasser. Es schmeckt hervorragend und wir entscheiden uns es “Gletschi” zu taufen. Immer wieder wird der Blick auf die bis 2850 m hohen Granitspitzen frei und wir fragen uns mehrfach wie weit es noch sein kann bis zum Ziel.
Die Las Torres
Dann plötzlich, nach circa 10 km und 900 Höhenmetern Wanderung, liegt der unverhüllte Blick auf die drei Türme. Obwohl wir wussten was uns erwartet, ist die Aussicht atemberaubend. Der See ist strahlend Türkis und der Wind zeichnet ein leichtes Wellenmuster auf die Oberfläche. Der Fuß der Türme ist schneebedeckt und das Schmelzwasser des sich in der Sonne erwärmenden Eises, fließt über zahlreiche kleine Wasserfälle in den See. So entsteht ein flimmerndes Zebramuster auf dem massiven Fels unterhalb der Torres, das die Türme mit dem See zu verbinden scheint und die Sonne in alle Richtungen reflektiert. Wir suchen uns einen kleinen Spot auf einem Felsen. Nicht zu nah am Wasser, um den Menschmassen etwas auszuweichen und etwas höher, um einen guten Blick auf den See und die Felsen zu haben.
Von hier aus sehen wir auch wie die Wanderer nach uns um die letze Kurve kommen und ihre Reaktionen beim ersten Blick auf die Türme. Wir sehen Pärchen die sich in die Arme fallen, Freunde die breit grinsend High Fives verteilen und einen jungen Mann der seine vor Freude weinende Mama mit dem Arm um die Schulter und einer Hand haltend über die letzten Felsen zum Wasser bringt. Es ist schön hier oben!
Beflügelt von der Magie der drei Türme machen wir uns wieder auf den Weg nach unten. Am Camp vorbeikommend, laden wir ohne Reue das Risiko eingegangen zu sein, das Campinggepäck wieder auf die Schultern und setzen zum Endspurt an. Ein Spaziergang. Der Bus wird spielend erreicht.