Morgens um 09.00 Uhr kommen wir am Flughafen Calama in Norden von Chile an. Von hier sind es noch knapp 2 Stunden Autofahrt bis zu unserem Ziel: San Pedro de Atacama. Weil wir uns um den entsprechenden Transfer zu spät gekümmert haben müssen wir hier jetzt 2,5 Stunden totschlagen. Wi-Fi gibt es nicht. Dafür eine Ecke im 2. Stock in wir gemeinsam mit anderen gestrandeten Flugästen ein Nickerchen auf den kalten, spiegelnden Flughafenfliesen machen können. Naja es könnte schlimmer sein, aber die Wüste haben wir uns wärmer vorgestellt, zumindest tagsüber. Die Bänke im Flughafen sind leider durch die Straßenhunde belegt, die es in die Empfangshalle geschafft haben. Wie in Valparaíso werden sie hier wie alle anderen Flughafengäste akzeptiert. Und so gemütlich wie sie aussehen, kann man es ihnen keinen Millimeter übel nehmen. 

Ankommen in San Pedro

Angekommen in San Pedro werden wir von dem Wüstenklima in Empfang genommen. Die Luft ist heiß, trocken und staubig. Die Stadt, die auf 3160 Höhenmeter liegt, lässt jede Bewegung anstrengend erscheinen und sorgt bei uns für Kurzatmigkeit. 

Das Stadtbild ist geprägt durch einstöckige Häuser, die aus eintönig, erdbraunen und verputzen Lehmziegeln bestehen.  Der Vibe in der Stadt ist tiefenentspannt. Man sagt, dass das Hohe Vorkommen von Quartz und Kupfer in der Region dafür zuständig ist. Keine Ahnung, ob das die Ursache ist, aber den Effekt können wir bestätigen. Fahrzeuge, Menschen und Hunde bewegen sich gefühlt in Zeitlupe. Die Dieselmotoren der Kleinbusse und Pickuptrucks, die den Verkehr prägen, schnurren gemächlich über die Straßen. Von der Hektik eines Touristenhotspots ist nichts zu spüren.

Wir wohnen 20 Minuten Fußweg vom Zentrum entfernt. Viel weiter vom Zentrum kann man sich in dem kleinen San Pedro auch nicht befinden. Unser bescheidenes Hostelzimmer besteht ebenfalls aus einer einstöckigen Hütte, auf deren Außen- und Innenseite sich die Maserung der Lehmziegel gut sichtbar abzeichnet. 

Nach dem üblichen Erkunden unserer neuen Umgebung, machen wir uns also auf den Weg ins Stadtzentrum. Die Gebäude hier gleichen einander wie in einer Neubausiedlung aus Lehmhütten. Der Zahnarzt unterscheidet sich von der Reiseagentur, oder einem Restaurant, nur durch die Aufschrift auf  dem Holzschild über der Tür. Wer auf Nummer sicher gehen will entdeckt zu werden, hat noch eine bunt bemalte Tafel vor der Tür. 

Die Umgebung von San Pedro und was die Wüste zu bieten hat, entdeckt man am besten durch die von den lokalen Agenturen angebotenen Touren. Man kann die Wüste natürlich auch mit einem Auto selber erkunden, haben wir aber nicht.

Wir stiefeln in ein paar Agenturen, lassen uns freundlich und hilfsbereit beraten und planen mit den Infos die kommenden Tage. Noch am selben Abend werden wir uns den klaren Sternhimmel über der Wüste angucken. 

Starwatching in der Wüste

Abends um 20.00 Uhr werden wir mit einem weißen Sprinter abgeholt. Danach klappern wir zwei weitere Punkte im Ort ab, um weitere Hobbyastronomen einzusammeln. Nach 30 Minuten Fahrt erreichen wir in absoluter Finsternis eine Art Schrebergarten in der Wüste. Beleuchtungen gibt es nicht, weshalb wir von der Umgebung nicht viel erkennen können. Wir werden zu zwei Reihen Plastikstühlen geführt, die um einen Fernseher angeordnet sind.

Außer Mathias und mir scheinen sich schon alle zu kennen und den Guide auch. Deswegen bekommen wir nach einer kurzen Begrüßung eine extra Portion Smalltalk, in dem wir über unsere bisherige Reise und die nächsten Stationen abgefragt werden. Wir nutzen die Gelegenheit der Gruppenintelligenz und sammeln ein paar Tips für die nächsten Tage.

Anschließend bekommen wir eine einstündige Astronomieschulung. Wir lernen, wie Sterne entstehen, was Sterne von Planeten unterscheidet und was passiert, dass aus einem Stern, ein schwarzes Loch wird. Natürlich mit begrenzt wissenschaftlichem Anspruch, aber es soll ja auch Spaß machen. Danach wechseln wir die Location in kleinen Gänseschritten, weil nur der voraus laufende Guide eine kleine rote Lampe hat. Hier beginnt der zweite Teil der Schulung. Wir bekommen Sternenbilder erläutert und wie die indigenen Urvölker von hier aus die Himmelsrichtungen bestimmt haben. Das Ganze geschieht gewürzt mit einer Portion routiniertem Humor und einem grünen Laserpointer, mit dem unser Guide wild im Himmel herum gestikuliert und uns Sternformationen zeigt.

Die Show ist sowohl lehrreich, als auch unterhaltsam. Wenn da nur nicht die bittere Kälte der Wüstennächte wäre, die sich langsam, aber beständig durch jede Schicht unserer Kleidung arbeitet. Im Anschluss gucken wir uns einige Sternbilder und Planeten durch die Teleskope an. Quasi als Beweis für die Theoriestunde. 

Als Finale werden von allen Teilnehmern lange belichtete Bilder gemacht bevor es dankbar und durchgefroren zurück in den Bus geht. 

Frühstück

Die Entspanntheit von San Pedro überträgt sich auf uns und wir lassen die Tage hier entspannt angehen. Deshalb kochen in der Gemeinschaftsküche und es gibt Frühstück aus der lokalen Küche: Avocado, Tomaten, Zwiebeln, Ei, Mate, Brot und Wassermelone.

Floating in der Laguna de Piedras

Eine Stunde Fahrt aus der Stadt entfernt, liegen die Salzfelder, die wir an dem Tag ansteuern. Nach einem Stop, um den Eintritt für den Nationalpark zu entrichten, fahren wir mitten in die Wüste. Die Sonne brennt unerbittlich von oben auf uns herab und lässt die kalte Nacht vom Vortag surreal erscheinen. Hier wartet eine abgesteckte Route entlang eines Salzfeldes und der Laguna Azul, die Ihrem Namen alle Ehre macht. Zum Schutze der Natur oder der Gäste (das finden wir nicht so richtig raus), bewegen wir uns heute nur auf eingegrenzten Routen. Spannend ist die Führung dennoch und wir bekommen erklärt wie durch die verschiednen Minerale und Bakterien die Farben in den verschiedenen Schichten der Salzfelder entstehen. Nur der Entdeckergeist kommt bei dem heutigen Tag etwas zu kurz. Wir akzeptieren es als Maßnahme zum Schutz des Ökosystems und halten uns brav an alle Regeln. 

Nachdem wir uns an Salzfeldern, der blauen Lagune und der umgebenen Flora sattgesehen haben geht es weiter zur Laguna de Piedras. Wir freuen uns darauf ins Wasser zu springen und so auch der Lagune näher zu kommen als nur bis zur Abgrenzung um davon Fotos zu machen. Die Lagune ist organisiert wie ein Freibad. Es gibt Umkleiden und Duschen und ein kleines Häuschen am Eingang, mit so etwas wie einem Bademeister der auch die Eintrittstickets entwertet. Wir bekommen erklärt, dass wir nicht länger als 20 Minuten baden sollen, weil die Salzkonzentration in der Lagune zu hoch ist und es dann schädlich für die Haut sei. Ich habe aber eher den Eindruck, dass die 20 Minuten mit der strickten Durchtaktung der Touristengruppen zu hat. Sei es wie es will, am Ende guckt niemand wirklich auf die Uhr und die wenig romantische Organisation schmälert das Erlebnis überhaupt nicht. Die Lagune hat genau die richtige Temperatur, um sich von der heißen Wüstensonne abzukühlen, ohne unangenehm kalt zu sein. Deshalb lassen wir uns entspannt auf der der Wasseroberfläche treiben und probieren vom Schneidersitz im Wasser, über ein Nickerchen mit den Armen hinterm Kopf, alle möglichen Experimente aus. 

Das Mondtal Valle de la Luna

Den Namen hat das Tal aufgrund der mondähnlichen Oberfläche. Wenn es regnet, kommen die Salzkristalle an die Oberfläche und färben den Boden gesamtheitlich weiß. Demnach sieht das Tal in dem Fall vollends wie eine Mondlandschaft aus. Da es nur selten regnet, erleben wir diesen leider Effekt nicht, aber auch in Sandfarben sehen wir die Ähnlichkeit zur Mondoberfläche. Wir sind in einer großen Gruppe unterwegs und laufen den abgesperrten Weg an einer großen Sanddüne entlang. Es wirkt wieder alles sehr durchorganisiert, der Weg, die Parkplätze und die Aussichtspunkte an denen Bilder gemacht werden. Aber die Laune verdirbt uns das nicht und wir stapfen gut gelaunt durch den Sand der Wüste.

Die Oberfläche ist von weißen Flecken bedeckt, die den Boden wie gefrorene Erde aussehen lässt. An den Felsen glänzt der Boden durch die Salzkristalle, als hätte man großzügig Glasscherben verteilt.

Als wir an einer alten Salzmiene vorbeikommen, können wir an den Felswänden die dicken Salzkristalle erkennen, die aussehen wie leicht angerautes Glas. Die Struktur der Felsoberfläche sieht aus als hätte ein Bär sie mit seinen Krallen abgeschabt. Der ganze Ort wirk mystisch. Um die Miene steht noch ein alter langsam verrostender Kompressor von General Motors und die Wände einer alten Hütte der Mienenarbeiter, die ebenfalls die milchigen Salzkristalle erkennen lässt.

Zum Abschluss des Tages fahren wir zu einem Aussichtspunkt hoch und gucken uns den Sonnenuntergang über dem Valle de la Luna an.

Abfahrt

Nach fünf Tagen in San Pedro de Atacama zieht es uns weiter. Das nächste Ziel ist die Salar de Uyuni in Bolivien. Wir haben uns entschieden die Salzwüste mit einer mehrtätigen Tour zu erkunden, bei der wir mit einem Geländewagen drei Tage durch Wildnis Boliviens fahren. Eine Agentur die uns mitnimmt ist schnell gefunden.

Bevor es aber am nächsten Tag losgehen kann, müssen wir noch ein paar Dinge besorgen: 6 Liter Wasser pro Person, Snacks für drei Tage und 300 Bolivianische Pesos. Das Geld können wir in einer der vielen Wechselstuben in San Pedro wechseln. Wenig später befinden wir uns in einem Geschäft, das Mützen und Pullover aus Alpakawolle verkauft und nebenbei Geld wechselt. Natürlich zeige ich den chilenischen Geldwechslern was ein Schwabe ist und verhandle mit einem blitzenden spitzen Messer zwischen den Zähnen. Nachdem ich minutenlang abwechselnd mit meinem Gegenüber energisch Zahlen in den großen Taschenrechner getippt habe, sparen wir uns einen kleinen Eurobetrag beim Wechseln der übrigen Chilenischen Peso in Bolivianos.

One Response

  1. Und wieder ein Bericht wie ein Kapitel aus einem Lieblingsbuch , verziert mit fantastischen Fotos . Es ist meine kleine Auszeit am Tag, denn ich werde nicht müde eure schönen Schilderungen immer und immer wieder zu lesen und so ein kleines bisschen mit euch zu reisen. 🙂